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Ohne gründliche Fahrdynamiktests wäre die Fahrzeugentwicklung nicht möglich. Sie liefern die Daten, die die endgültige Konfiguration des Fahrwerks und die Eigenschaften der Steuerungssysteme beeinflussen. Das Bestehen der ISO-Tests für stabiles Fahrverhalten ist die Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines unverwechselbaren Fahrerlebnisses und eines Sicherheitsgefühls beim Fahren, sowohl für Pkw im öffentlichen Straßenverkehr als auch für Rennfahrzeuge im Motorsport. Gleichzeitig ist auch der größtmögliche Fahrgastkomfort hinsichtlich Lärm und Vibration eines der obersten Ziele.
Vor 25 Jahren entstand ein gängiger Fahrzeugdynamiktest, der von einer deutschen Zeitung als „Elchtest“ bezeichnet wurde. Schwedische Medien hatten damals gezeigt, dass ein neues Automodell umkippen würde, wenn man einem plötzlich auftauchenden Elch ausweichen müsste. Während Elche in den meisten Ländern weniger ein Problem darstellen, kann es für Autofahrer durchaus vorkommen, dass ein Kind oder ein rückwärtsfahrendes Auto unerwartet die Straße blockiert. Das dann vom Fahrer durchgeführte Ausweichmanöver führt zu einer plötzlichen Lastverschiebung. Damit das Auto in solchen Situationen stabil bleibt, muss es der Norm ISO 3888-2 entsprechen, die das Bestehen des VDA-Spurwechseltests erfordert. Zwei weitere Tests, die bestanden werden müssen, bevor ein Fahrzeug sicher auf die Straße gebracht werden kann, sind: stationäres Kreisfahrverhalten und Bremsen auf einseitig rutschigem Fahrbahnbelag bei Geradeausfahrt. Um die Leistung eines Fahrzeugs in diesen Tests zu messen, ist eine Technologie erforderlich, die die Längs- und Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs erfasst. Mithilfe dieser Tests können Ingenieure das dynamische Verhalten eines Fahrzeugs vorhersagen und dessen Balance und Fahrverhalten optimieren.
Zur Erfassung aller relevanten Bewegungsparameter bietet die Kistler Gruppe, Winterthur, Schweiz, den Correvit S-Motion Sensor an. Die optische Technologie misst den Schräglaufwinkel, die Längs- und Querdynamik – die Querbeschleunigung –, um das Verhalten des Fahrzeugs bei stationärer Kreisfahrt gemäß ISO 4138 zu bewerten. Außerdem misst sie die Gierrate, Roll- und Nickwinkel sowie die Beschleunigung in drei Dimensionen Achsen, mit erweiterten Fahrzeugdynamiktests. Die optische und Bewegungssensorlösung von Correvit ist direkt, reibungslos, rutschfrei und für raue Bedingungen geeignet. Die optische Technologie von Correvit wird mit zusätzlichen Daten einer integrierten Trägheitsmesseinheit (IMU) mit sechs Freiheitsgraden kombiniert. Seine Sensorfusionstechnologie liefert rauscharme Signale. Die resultierende Qualität der Geschwindigkeits- und Schräglaufwinkeldaten ist auf den robusten optischen Sensorkern zurückzuführen. Im Gegensatz zu GNSS-Sensoren (Global Navigation Satellite System) hat die Fusionstechnologie von Kistler den Vorteil, dass sie nicht von umliegenden Gebäuden oder Bäumen beeinflusst wird, sodass unter allen Bedingungen genaue Daten ohne Signalausfälle gemessen werden können.
Der neue SF-Motion, der für Rennwagenanwendungen entwickelt wurde, bietet diese Technologie in einem kleineren Gehäuse, sodass der Sensor ohne sperrige Anpassungen einfach an der Fahrzeugkarosserie montiert werden kann. Es kann auch vollständig in das Monocoque eines Rennwagens integriert werden. Der Sensor kann auch an jedem Rad montiert werden und ermöglicht so eine echte Reifenschlupfmessung für eine schnelle Auswertung ohne Korrekturgleichungen und Berechnungen. Die Messgenauigkeit wird durch die werkseitige Kalibrierungsmethode und Zertifizierung gewährleistet.
Auch die Fahrzeugentwicklung setzt auf Radkraftaufnehmer (WFT). Diese Räder ersetzen die Standardfelge und messen die Kräfte und Momente, die auf die Reifenaufstandsfläche wirken. WFTs sind mehrachsige 6-Komponenten-Präzisionsmesssysteme, die drei Kräfte und Momente an einem rotierenden Rad erfassen. Sie sind für den Einsatz bei der Entwicklung und Erprobung kompletter Fahrwerke und Fahrwerkskomponenten verschiedener Fahrzeuge wie Pkw, SUV, Nutzfahrzeuge, Rennwagen und Industriefahrzeuge konzipiert. Die gemessenen Raddaten ermöglichen es dem Fahrzeugentwickler, das Fahrzeug präzise und sicher zu konstruieren, da die Sensoren direkt an der Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Straße verbaut werden. Zwischen der Fahrbahn und der Radnabe des Fahrzeugs befinden sich lediglich der Reifen und die mechanische Struktur des Messrades. Da WFTs für die Entwicklung und Dimensionierung sicherheitsrelevanter Teile eingesetzt werden, ist eine hohe Datengenauigkeit von entscheidender Bedeutung. Um die Genauigkeit bei der Messung der Kräfte und Momente sowie des Winkels und der Winkelgeschwindigkeit des rotierenden Rades sicherzustellen, sind daher sorgfältige Kalibrierungsverfahren erforderlich. Um die hohen Qualitätsstandards langfristig sicherzustellen, bietet Kistler einen akkreditierten Hexapod-Kalibrierstand an.
Bei der Betrachtung zukünftiger Mobilitätskonzepte können die Zielvorgaben für das Fahrzeugdesign sehr unterschiedlich ausfallen. Mit der Einführung der E-Mobilität werden Lärm, Vibration und Härte zu neuen Herausforderungen. NVH deckt alle Aspekte des akustischen und Schwingungsverhaltens eines Fahrzeugs ab. Eine ordnungsgemäße Gestaltung der NVH-Eigenschaften beeinflusst nicht nur die Leistung, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit des Fahrzeugs, sondern stellt auch die Konformität mit den Kundenerwartungen in Bezug auf Fahrbarkeit, Komfort und Markenimage sicher. Mit der Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnologie entwickeln sich auch die NVH-Testparadigmen weiter. In der Vergangenheit erforderten Verbrennungsmotoren (ICE) und Antriebsstranganwendungen im Allgemeinen Beschleunigungsmesser, die Temperaturen von bis zu 160 °C standhalten konnten. Gleichzeitig mussten sie eine thermisch stabile Empfindlichkeit gewährleisten, um Temperaturkorrekturen zu vermeiden. Solche Standards können durch die PiezoStar-Technologie von Kistler erfüllt werden, die zudem eine höhere Empfindlichkeit im Vergleich zu branchenüblichen Quarzlösungen bietet. Für den Wandel in die Zukunft und insbesondere für E-Motoren sind breitere nutzbare Frequenzbereiche von bis zu 10 kHz bei dennoch hoher Empfindlichkeit erforderlich. Eine elektrische Erdungsisolierung ist wichtig, um Messstromschleifen zu vermeiden. Nicht zuletzt muss ein guter Beschleunigungssensor für Automobilanwendungen eine einfache und flexible Montage gewährleisten, um einen schnellen und zuverlässigen Testaufbau zu gewährleisten.
Schließlich müssen die bei Fahrzeugtests generierten Daten effizient und effektiv verwaltet werden. Kistler bietet mit MaDaM ein flexibles Datenmanagementsystem an, mit dem Anwender große Mengen verschiedenster Messdaten importieren und speichern können. Die Daten können dann mit jBEAM visualisiert und analysiert werden. Dabei handelt es sich um eine plattformunabhängige Anwendung, die viele verschiedene Datenformate verarbeitet und in bestehende Software eingebettet werden kann. Auswertemethoden können flexibel konfiguriert werden, um sicherzustellen, dass einzelne Testläufe mit maximaler Effizienz ausgewertet werden. Kistler bietet spezielle Editionen von jBEAM für bestimmte Anwendungsbereiche an, darunter Haltbarkeitstests und Antriebsstranganalysen, sodass Benutzer sicher sein können, dass sie genau die Softwarefunktionen erhalten, die sie für ihre Arbeit benötigen.
Da die Innovationszyklen in der Automobilindustrie immer kürzer werden, kommt der integrierten Fahrzeugerprobung sowohl auf dem Prüfstand als auch auf der Teststrecke eine immer größere Bedeutung zu. Die Messlösungen von Kistler decken die gesamte Messkette ab, von der Sensorik über die Signalaufbereitung bis hin zu allen gängigen Schnittstellen und benutzerfreundlicher Software.
Dieser Artikel wurde von Thorsten Beck, Produktmanager Fahrzeugtests, Kistler Group, verfasst. Weitere Informationen finden Sie hier.
Dieser Artikel erschien erstmals in der Februarausgabe 2023 des Sensor Technology Magazine.
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